Sabine Andresen / Micha Brumlik / Claus Koch

Das ElternBuch

Wie unsere Kinder geborgen aufwachsen und stark werden
Weinheim und Basel: Beltz 2010
(635 S.; ISBN: 978-3-4078-5863-4; 29,95 EUR)

Nach dem BabyBuch und dem KinderBuch legt der Beltz-Verlag nun auch ein ElternBuch vor. Im Unterschied zu den beiden anderen Büchern, die sich durchaus auch an Eltern wenden, aber eher konventionellen Charakter haben, erhebt das ElternBuch den Anspruch, sich von der gängigen Ratgeberliteratur abzuheben. Es lohnt sich daher, das Buch etwas genauer anzusehen. Ich tue dies in sechs Abschnitten: (I.) Um was für eine Art von (neuem) Elternratgeber handelt es sich? (II.) Aufbau und Gliederung des Buches, (III.) Wie wird der Leser angesprochen? (IV.) Einige formale Aspekte der Beiträge im Vergleich, (V.) Ein kritischer Blick auf die Inhalte, (VI.) Was sagt das Buch über die Erziehungswissenschaft aus?

I. Um was für eine Art von (neuem) Elternratgeber handelt es sich?

Wirft man einen Blick auf das Inhaltsverzeichnis und blättert etwas in dem über 600-seitigen Werk, dann wird man kaum erkennen, was an diesem Elternratgeber neu sein soll. Das Neue, so erklären die Herausgeber im Vorwort zu ihrem Buch, sei dessen Verankerung in der Wissenschaft. Anders als die üblichen Erziehungsratgeber, die ihre Empfehlungen aus der Praxis herleiten und mit einem stark normativen bzw. kulturkritischen Gestus darlegen, erhebt dieser Ratgeber den Anspruch, wissenschaftlich begründet zu sein. Die Herausgeber behaupten gar, es handle sich dabei um den ersten Ratgeber dieser Art. Nach langer Vorarbeit (in der Danksagung wird eine Entstehungszeit von zwei Jahren genannt; 607) werde mit diesem Buch „das erste Mal eine Brücke gebaut zwischen verschiedenen Ansätzen und wissenschaftlichen Erkenntnissen der Kindheits- und Jugendforschung und ihrer Anwendung auf die alltägliche Erziehungspraxis“ (11f). Das Buch wolle nicht Rezept- sondern Expertenwissen zur Verfügung stellen, d.h. pädagogisches Wissen, das sozusagen wissenschaftlich zertifiziert ist.

Dass dies zum ersten Mal geschieht, trifft allerdings nicht zu, und zwar nicht einmal für den deutschsprachigen Raum. 2007 hat Urs Fuhrer, seines Zeichens Pädagogischer Psychologe, ein Buch mit dem Titel „Erziehungskompetenz. Was Eltern und Familien stark macht“ vorgelegt, das im Huber-Verlag (Bern) erschienen ist. Fuhrer erhebt den gleichen Anspruch, den die Herausgeber für das ElternBuch geltend machen, nämlich einen Erziehungsratgeber vorzulegen, der „sich – im Unterschied zur herkömmlichen Ratgeberliteratur – auf wissenschaftliche Grundlagen stützt“ [1]. Neben dem erforderlichen Fachwissen würde das Buch den Eltern „auch mit konkreten pädagogischen Empfehlungen praktikable Hilfen an die Hand geben, damit sie in der Lage sind, ihre Kinder entwicklungsförderlich zu erziehen und ihre Familienbeziehungen besser zu verstehen und zu gestalten“ [1].

Es lässt sich nicht sagen, Fuhrer habe sein Ziel verfehlt. Er gehört auch nicht zu jenen „verhaltenstherapeutisch geprägten Psychologen“ (11), deren Rat die Herausgeber des ElternBuchs offenbar gering schätzen, was sie allenfalls hätte veranlassen können, das Buch von Fuhrer zu ignorieren. Vielmehr ist er einer jener seltenen kulturwissenschaftlich arbeitenden Psychologen, die mit ihrem Psychologieverständnis einer ebenfalls kulturalistisch inspirierten Erziehungswissenschaft einiges zu bieten haben. Wie kommt es, dass Sabine Andresen, Micha Brumlik und Claus Koch offenbar weder von Urs Fuhrers Buch noch von ihm selber Kenntnis haben? Handelt es sich um die Unaufmerksamkeit eines Herausgeberteams, das vom eigenen Projekt allzu sehr eingenommen ist? Oder gibt es einen systematischen Grund für die etwas peinliche Wahrnehmungslücke der Herausgeber, nämlich das anhaltend prekäre Verhältnis zweier gleichermaßen mit Erziehung befasster Wissenschaften, der Erziehungswissenschaft einerseits und der Pädagogischen Psychologie andererseits?

Dem kritischen Leser wird bald auffallen, dass sich das ElternBuch keineswegs auf die Erkenntnisbestände der Erziehungswissenschaft allein stützen kann. Viele der insgesamt 49 Einzelbeiträge (das Vorwort der Herausgeber und das Nachwort von Jürgen Oelkers nicht mitgezählt) stammen nicht aus der Feder von Erziehungswissenschaftlern. Von den 48 Autorinnen und Autoren des Bandes sind lediglich etwa die Hälfte Erziehungswissenschaftler (inkl. Sonderpädagogen, Diplompädagogen, Lehrkräfte, Schulleiter u. ä.). Die anderen sind oder waren als Anstaltsleiter, Hebamme, Rechtsanwalt, Berater (in verschiedensten Bereichen), Arzt, Psychiater, Psychotherapeut oder Psychoanalytiker tätig. Die Anzahl der Psychologen, die gemäß den Angaben zu den Autorinnen und Autoren (625ff) an dem Buch mitgearbeitet haben, kann an einer Hand abgezählt werden.

Das erstaunt in doppelter Weise. Zunächst zeigt die große Zahl von Nicht-Erziehungswissenschaftlern, die sich an dem Band beteiligt haben, dass die Disziplin offenbar nicht in der Lage ist, einen in der Wissenschaft verankerten pädagogischen Ratgeber aus eigener Kraft herauszugeben. Ist dies ein Zeichen mangelnder Reife der Disziplin? Oder ist es Ausdruck eines verfehlten disziplinären Selbstverständnisses? Letzteres würde bedeuten, dass die Erziehungswissenschaft keine autonome Disziplin darstellt, sondern nur in der interdisziplinären Kooperation mit anderen Wissenschaften bestehen kann. Der Unwille der Erziehungswissenschaft, sich praktisch zu Fragen der Erziehung zu äußern, den die Herausgeber beklagen (12), wäre dann keineswegs partikulär bedingt, sondern Ausdruck einer systematischen Problematik der Disziplin, die einem Gegenstand gegenübersteht, den sie im Alleingang nicht zu bewältigen vermag.

Welches auch immer die richtige Diagnose sein mag (ich neige zur zweiten), es stellt sich zudem die Frage, weshalb eine Disziplin, deren Wissen nicht hinreicht, um einen Erziehungsratgeber herauszugeben, nicht die Psychologie – insbes. die Entwicklungspsychologie und die Pädagogische Psychologie – um Hilfe ersucht. Stattdessen sind die Herausgeber bei Psychoanalytikern, Psychotherapeuten, Psychiatern, Ärzten, Beratern und Neurowissenschaftlern vorstellig geworden, um die Erkenntnisdefizite der Erziehungswissenschaft zu kompensieren. Weshalb? Darauf findet sich weder im Vorwort noch im Nachwort der Herausgeber eine Antwort.

II. Aufbau und Gliederung des Bandes

Die 49 Beiträge, die der Band in sich vereinigt, sind entlang dem Lebenslauf von 0 bis 18 Jahren angeordnet. Gruppiert in fünf Teile, beginnen sie mit der Zeit vor der Geburt (2 Beiträge), thematisieren die frühe Kindheit, die nach zwei Subphasen (0 bis 3 Jahre [14 Beiträge] und 4 bis 6 Jahre [9 Beiträge]) differenziert wird, fokussieren die (mittlere) Kindheit (6 bis 12 Jahre; 14 Beiträge) und enden mit der Jugend (12 bis 18 Jahre; 10 Beiträge). Ein beckmesserisch veranlagter Rezensent würde sich fragen, wo denn das vierte Lebensjahr geblieben ist, weist doch die Gliederung eine Lücke auf: – 0 / 0 – 3 // 4 – 6 / 6 – 12 / 12 – 18. Dabei handelt es sich wohl um ein Versehen der Redaktion, denn inhaltlich fehlt nichts. Auch deshalb nicht, weil die Altersangaben höchstens eine orientierende, aber keine sachliche Funktion haben.

Das zeigt sich etwa daran, dass die Kindheit (inkl. frühe Kindheit) entsprechend der Gliederung der Beiträge von 0 bis 12 Jahren dauert, Sabine Andresen in ihrem Beitrag zur „Kindheit heute“ (198ff) jedoch meint, für „die frühe und die mittlere Kindheit“ müssten „etwa die ersten zehn Jahre genügen, bevor das Kind in die Jugendphase übergeht“ (198). Auch Micha Brumlik schreibt zur Frage „Was ist ‚Jugend’?“ (488ff), im kulturellen Sinn beginne das Jugendalter „in manchen gesellschaftlichen Milieus schon mit zehn Jahren“ (490). An späterer Stelle ist bei Andresen auch von Kindern „zwischen acht und elf Jahren“ (204) bzw. von „8 bis 11-Jährigen“ (205) die Rede, was mit der „offiziellen“ Gliederung des Buches ebenfalls nicht übereinstimmt. Auch andere Autoren weichen von den Altersgrenzen gemäß Inhaltsverzeichnis ab, wie etwa Claus Koch („Die Bedeutung der frühen Kindheit“; 38ff), für den die „Phase der frühen Kindheit […] die Zeit von der Geburt bis etwa drei bis fünf Jahren“ (39) umfasst, oder Günther Deegener („Kindesmissbrauch und woran ich ihn erkenne“, 243ff), der die Lebensphasen von Kindern und Jugendlichen nach 0 bis 3, 3 bis 6, 6 bis 9, 9 bis 13 und 13 bis 18 Jahren unterteilt (247f). Zudem wird eine Reihe weiterer Begriffe verwendet, die ebenfalls nicht mit der Altersgliederung der Beiträge übereinstimmen: Baby, Säugling, Kleinkind, Vorschulkind, Kindergartenkind, Schulkind, Grundschulkind etc.

Eigenartig ist der Begriff der „mittleren Kindheit“, wie man ihn sowohl in Sabine Andresens Beitrag (198) zur frühen Kindheit (4 bis 6 Jahre) als auch im Beitrag von Marianne Leuzinger-Bohleber zur Kindheit (6 bis 12 Jahre) findet, sonst aber im ganzen Buch nicht. Im zuletzt genannten Beitrag kommt der Begriff sogar äußerst prominent vor, wird er doch bereits in der Überschrift („Entwicklungsprozesse in der ‚mittleren Kindheit’. Wann muss ich mir Sorgen machen?“, 296ff) genannt, aber auch im Text mehrfach verwendet. Das ist deshalb eigenartig, weil auch im Beitrag von Andresen „die mittlere Kindheit im Zentrum steht“ (198). Schreiben die beiden Autorinnen demnach von derselben oder von zwei verschiedenen Entwicklungsphasen? Und warum überhaupt der Begriff der „mittleren Kindheit“? Der beckmesserisch veranlagte Rezensent von vorhin muss sich nämlich, nachdem ihm zunächst das vierte Lebensjahr zu fehlen schien, fragen, wo denn die „späte Kindheit“ geblieben ist. Weshalb gibt es in dem Buch eine frühe und bei zwei Autorinnen auch eine mittlere, aber keine späte Kindheit? (Ganz stimmt der Einwand allerdings nicht, denn im Text von Andresen stößt man an einer Stelle tatsächlich auch auf den Begriff der „späten Kindheit“ (202), ohne dass ihn die Autorin allerdings erläutern würde.)

Die Gliederung der Beiträge nach dem Lebensalter lässt also einiges zu wünschen übrig. Aber nicht nur, weil ihr die innere Konsistenz fehlt, sondern auch, weil sie etwas Willkürliches an sich hat. Denn nicht alle Beiträge erlauben eine klare Zuordnung zu einem Lebensabschnitt. In nicht wenigen Fällen werden Themen behandelt, die mehr oder weniger unabhängig vom Alter sind und in einer Gliederung nach „Entwicklungsetappen“ (13) nur schwer unterzubringen sind. Dazu gehören u.a. Kinderspiel, Krankheit, Ängste, Scheidung der Eltern, Schule, Rolle des Vaters, sexueller Missbrauch, Autorität und Disziplin, geschlechtsspezifische Erziehung, Nachhilfeunterricht, Ernährung und Gesundheit. Die Gliederung deshalb kritisieren zu wollen, wäre allerdings müßig, da es für die Themen, die ein Erziehungsratgeber behandelt, wohl keine Systematik gibt, die ohne Probleme wäre. Zudem vermittelt die gewählte Gliederung eine nicht unwichtige Botschaft, die Botschaft nämlich, dass sich die Erziehung an der Entwicklung des Kindes zu orientieren habe.

Eines der am häufigsten gebrauchten Wörter in diesem Buch ist dasjenige der Entwicklung – inkl. Wortverbindungen wie Entwicklungsanforderung, Entwicklungsanregung, Entwicklungsförderung, Entwicklungsaufgabe, Entwicklungspotential, Entwicklungsmöglichkeit, Entwicklungsbedingung, Entwicklungschance, Entwicklungsressource, Entwicklungsprozess, Entwicklungsdynamik, Entwicklungsmuster, Entwicklungsprofil, Entwicklungsverlauf, Entwicklungspfad, Entwicklungsalter, Entwicklungsstand, Entwicklungsstufe, Entwicklungsstadium oder Entwicklungsphase, Entwicklungsschritt, Entwicklungssprung, Entwicklungsvorsprung, Entwicklungserschwernis, Entwicklungsrisiko, Entwicklungsgefährdung, Entwicklungskonflikt, Entwicklungskrise, Entwicklungsauffälligkeit, Entwicklungsstörung, Entwicklungsverzögerung, Entwicklungsdefizit etc. (alle diese Ausdrücke – und weitere – kommen tatsächlich vor, teilweise mehrfach). Angesichts der starken Akzentuierung der kindlichen Entwicklung als Orientierungsgröße für die elterliche Erziehung staunt man umso mehr, wie wenig sich dieser Elternratgeber auf psychologische (insbes. entwicklungspsychologische) Literatur stützt (wenn auch die Bindungstheorie stark vertreten ist) und wie wenig die Herausgeber entwicklungspsychologische Kompetenz nachgefragt haben.

Auffällig ist das Gewicht, das in verschiedenen Beiträgen der Psychoanalyse als Autorität in Sachen kindlicher Entwicklung gegeben wird. Das erstaunt erneut, ist doch der Wissenschaftscharakter der Psychoanalyse notorisch umstritten. Zudem böte die neuere Entwicklungspsychologie eine Fülle an Erkenntnissen, insbes. zur frühkindlichen Entwicklung, um psychoanalytische Positionen zu hinterfragen. Verwiesen wird von Claus Koch auf Daniel Stern, der gezeigt habe, „dass der Säugling keineswegs das passive, von seinen anfangs mehr oder weniger primitiven Triebregungen geleitete Wesen ist, das sich später nur mühevoll aus einer anfänglichen Symbiose von Mutter und Kind befreit, sondern dass sich seine Handlungsweisen im Bezug auf die äußere Welt rasch differenzieren. Kurzum, der Säugling kann offensichtlich mehr, als die Psychoanalyse ihm in ihren Anfängen zugetraut hat“ (40). Das ist zwar richtig, wurde aber längst vor Stern schon von Piaget konstatiert und bildet eine solide Grundannahme der durch ihn initiierten kognitivistischen Entwicklungspsychologie. Gerade im Bereich der kognitiven Entwicklung ist in Bezug auf die frühe Kindheit in jüngster Zeit eine Fülle an Untersuchungen (auch mit neuen methodischen Ansätzen) durchgeführt worden, die nicht nur das psychoanalytische Bild des Kindes, sondern teilweise auch die kognitionspsychologischen Erkenntnisse von Piaget relativieren. Von dieser Literatur ist nur wenig in den Elternratgeber eingegangen, wenn auch punktuell der eine oder andere Hinweis (etwa zur Theory of Mind oder zur Resilienz) deutlich macht, dass es da noch etwas geben könnte.

III. Wie wird der Leser angesprochen?

Von einer wissenschaftlichen Publikation wird man eine sachliche, distanzierte und unaufdringliche Sprache erwarten. Für einen Ratgeber muss dies nicht unbedingt gelten, geht es doch (auch) darum, den Leser und die Leserin von der Richtigkeit eines Ratschlags oder einer Empfehlung zu überzeugen. Die appellative Funktion der Sprache, um einen Begriff von Karl Bühler zu verwenden, steht in einem gewissen Widerspruch zu ihrer darstellenden Funktion, die in den Wissenschaften vorherrschen soll. Es stellt sich daher die Frage, wie ein Ratgeber, der sich wissenschaftlich gibt, mit diesem Zwiespalt umgeht. Wir gehen dieser Frage unter drei Gesichtspunkten nach: (a) Welche Formen der Textgestaltung kommen überhaupt vor? (b) Wie sind die Texte im Falle von „schwierigen“ Themen gestaltet? (c) Gibt es misslungene Beiträge?

(a) Formen der Textgestaltung. Es gibt Beiträge, die sind von A bis Z in einer distanzierten und neutralen Sprache gehalten. Die Eltern erscheinen nicht als Ansprechpersonen, sondern als Gegenstand, über den berichtet wird. Es heißt dann beispielsweise, dass es im Falle der Erkrankung eines Kindes „sowohl für die Eltern als auch für die Kinder zu nicht unerheblichen Belastungsproblemen im erzieherischen Miteinander kommen kann“ (74), oder dass Kinder in Deutschland von ihren Eltern „zu vorgegebenen Zeiten ins Bett gezwungen [werden], während mediterrane Kinder bis tief in die Nacht auf der Strasse spielen, ohne dass dies zu erkennbaren Schäden führt“ (89), oder dass heutige Eltern, „anders als jede Generation vor ihnen, unter einem großen Erziehungsdruck [stehen]“ (175). Den Leserinnen und Lesern werden Informationen über Eltern und über das Aufwachsen von Kindern in unserer Zeit und Gesellschaft vermittelt, und zwar so, wie man es ohne Weiteres auch in einem wissenschaftlichen oder populärwissenschaftlichen Text finden kann.

In diesem Sinne rein informativ sind die Beiträge von Claus Koch („Die Bedeutung der frühen Kindheit“, 38ff), Gisela Szagun („Muss ich mit meinem Kind sprechen üben? Frühkindliche Sprachentwicklung“, 109ff), Sabine Andresen („Kindheit heute“, 198ff), Micha Brumlik („Was ist ‚Jugend’?“, 488ff), Franz Resch („Adoleszenz: Wann muss ich mir Sorgen machen? Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter“, 497ff) und Alexandra Klein („Homosexualität“, 522ff).

In einigen Beiträgen folgen auf den informierenden Teil Ratschläge, die zumeist direkt an den Leser gerichtet sind und ihm aufzeigen, was er im konkreten Fall tun kann. Gelegentlich beschränken sich die Ratschläge darauf, den Eltern zu empfehlen, professionelle Hilfe, Beratung oder Therapie in Anspruch zu nehmen, wie in den Beiträgen von Franz Resch („Kindliche Ängste“, 222ff) und Anke Lang („Selbstverletzendes Verhalten bei Mädchen und jungen Frauen“, 558ff).

Andere Beiträge suchen von Anfang an den Kontakt zum Leser. Es heißt dann beispielsweise: „Bevor ich Ihnen die Möglichkeit der Schulwahl im Einzelnen vorstelle“ (354), oder: „Im Folgenden möchte ich die grundsätzliche Wahlentscheidung zwischen einer staatlichen oder einer öffentlichen Schule und einer privaten kurz mit Ihnen diskutieren“ (356). In einigen Beiträgen wird eine direktere Form der Kontaktnahme gewählt, indem Textpassagen in die Wir-Perspektive gesetzt sind und beispielsweise von „wir als Eltern“ (266) oder „unseren Kindern“ (60f) die Rede ist. Oder es wird gefragt: „Was wissen wir […] über faktische Geschlechterunterschiede?“ (266), oder: „Was wissen wir über Ganztagsschulen?“ (341).

Statt die Wir-Perspektive wird in einigen Fällen die Perspektive der Eltern eingenommen, wie bei Beate Lubbe („Ist mein Kind hochbegabt?“, 364ff), die nicht nur in der Überschrift, sondern auch in den Zwischentiteln ihres Beitrags die identifizierende Ich-Form gewählt hat: „Was macht mich schon früh stutzig?“, „Wie stelle ich es fest?“, „Was tue ich?“ und „Was tue ich nicht?“. Die identifizierende Ich-Form haben auch andere Autoren nicht selten für die Titelgestaltung gewählt: „Ich bin schwanger! Wie soll ich damit umgehen?“ (16); „Mein Kind ist krank“ (74); „Muss ich mit meinem Kind sprechen üben?“ (109); „Mein Kind kommt in den Kindergarten“ (165); „Wann muss ich mir Sorgen machen?“ (209, 296, 497); „Kindesmissbrauch und woran ich ihn erkenne“ (243); „Soll ich meine Tochter anders erziehen als meinen Sohn?“ (263); „Wie gehe ich mit Schulempfehlungen um?“ (328); „Mein Kind schwänzt die Schule“ (436); „Mein Kind ist straffällig geworden“ (569).

Eine nochmals andere Variante, den Leser direkt anzusprechen, haben Monika Gerlinghoff und Herbert Backmund gefunden, die in ihrem Beitrag über Ess-Störungen („Is(s) was?! Ess-Störungen“; 547ff) betroffene Kinder den Eltern Ratschläge erteilen lassen: „Sprecht mich nicht auf Essen, Gewicht oder Figur an […], sondern fragt mich lieber, wie es mir geht. Redet nicht mit anderen über mich, sondern mit mir. […] Versucht nicht, mich zum Essen zu zwingen oder zu überreden. Ich kann einfach nicht mehr normal essen! Reduziert mich nicht auf die Ess-Störung. Es verletzt mich, wenn ihr euch nur noch für mein Essverhalten interessiert! […] Ich würde mir wünschen, dass ihr euch über Ess-Störungen informiert“ (556f).

(b) Textgestaltung bei „schwierigen“ Themen. Die Form der direkten Anrede wird nicht nur gewählt, wenn ein Beitrag über die Informationsvermittlung hinausgeht und Ratschläge erteilt, sondern auch, wenn Probleme aufgegriffen werden, die für betroffene Mütter oder Väter belastend sein können. Das gilt etwa für den Beitrag von Barbara Methfessel und Barbara Miltner-Jürgensen („Abenteuer Essen – mit Kleinkindern gemeinsam essen lernen“, 60ff), der den Leser behutsam, aber höchst informativ mit einer Entwicklungsaufgabe kleiner Kinder vertraut macht, deren pädagogische Relevanz von Eltern oft unterschätzt, wenn nicht gar übersehen wird. Auch der thematisch ähnlich gelagerte Beitrag von Volker Pudel („Erziehung und Gesundheit“, 475ff) informiert unaufdringlich, aber bestimmt über sinnvolles Essverhalten, vermeidet es, fragwürdige erzieherische Praktiken zu tadeln und gibt anschauliche Hinweise, wie man es als Vater oder Mutter besser machen kann. Ein kleiner Textausschnitt soll den Schreibstil des Autors illustrieren: „Es ist völlig normal, dass Kinder nicht alles essen wollen, was ihnen vorgesetzt wird. Die Argumentation mit Gesundheit, so richtig sie sein mag, sowie Ver- und Gebote sind Strategien, die eher ungünstige Wirkungen erzielen. Verknappung [einer Speise, W.H.] erhöht die Attraktivität, während Gebote eher zu Aversionen führen. Kinder lernen ihr Essverhalten vor allem durch Beobachtungslernen, so dass das Vorbild der Eltern eine wichtige Funktion hat“ (485).

Gerade bei Themen, die für Eltern belastend sein können, ist es für einen Erziehungsratgeber angezeigt, den sachlichen, wissenschaftlichen Ton zurückzunehmen und dem Leser aufmerksam und mit Verständnis zu begegnen. Die Mehrzahl der Beiträge ist diesbezüglich angemessen, ja teilweise hervorragend abgefasst. In einer Reihe von Beiträgen ist spürbar, wie Autor oder Autorin darauf achten, die Eltern nicht zu verunsichern oder ihnen gar Angst zu machen. So etwa im Falle des auch sprachlich ausgezeichneten Beitrags von Mauri Fries („Statt Sorgen: ‚Guck mir zu, hilf mir und freue dich mit mir!’ Was Babys uns sagen können“, 48ff). Die Autorin betont, wie in der noch sprachfreien Entwicklungsphase des ersten Lebensjahres trotzdem Kommunikation stattfindet, ja eigentliche Vorformen von Dialogen und Gesprächen initiiert werden, und dies gerade auch von Seiten des scheinbar noch asozialen Kindes.

Vergleichbares gilt für den ebenfalls sehr informativen und einfühlsam verfassten Beitrag von Claus Koch zu AD(H)S („Was ist AD(H)S? Was Eltern tun können“, 450ff). Der Autor ist darauf bedacht, die Eltern nicht zu beunruhigen oder ihnen Schuld zuzuweisen. Auch in seinem Beitrag über Trennung und Scheidung („Trennung, Scheidung“, 231ff) geht Claus Koch behutsam vor und ist mit einer sachlichen und differenzierten Darstellung des Forschungsstandes (wobei er sich auf zwei amerikanische Längsschnittstudien bezieht) bemüht, das Thema nicht zu moralisieren. Das gelingt ihm auch dadurch, dass er konkrete Hinweise gibt, wie sich Eltern im Falle einer Scheidung verhalten können, um allfällige negative Auswirkungen auf ihr Kind zu vermeiden (236ff).

Auch Monika Gerlinghoff und Herbert Backmund sind in ihrem Beitrag über Ess-Störungen bemüht, die Eltern vor Schuldgefühlen zu verschonen und von der Verantwortung für die Krankheit ihres Kindes zu entlasten. Das folgende Zitat gibt gut wieder, wie Autorin und Autor ihren Text gestaltet haben: „Wir sind davon überzeugt, dass weder Mütter noch Väter die Ess-Störung ihrer Tochter verschuldet haben. Sicherlich finden wir in den Krankengeschichten unserer Patientinnen genügend Hinweise auf zumindest temporär gestörte Beziehungen zwischen der heranwachsenden Tochter und ihrer Mutter oder ihrem Vater (oder beiden). Alle diese Störungen können in der Magersucht oder Bulimie eine Rolle spielen. Aber sie sind auf keinen Fall die alleinige Ursache“ (554f).

In einem entwarnenden Stil ist auch der Beitrag von Joachim Walter („Mein Kind ist straffällig geworden. – Jugendkriminalität“, 569ff) gehalten. Auch hier mag ein Zitat zeigen, wie der Autor seinen Text gestaltet hat: „Kommt trotz alledem Bewährung [als Strafmaßnahme, W.H.] nicht in Betracht und ist die Jugendstrafe zu verbüßen, muss keinesfalls jede Hoffnung aufgegeben werden. Entscheidend für das spätere Auslaufen oder sogar den raschen Abbruch scheinbar verfestigter krimineller Karrieren im Erwachsenenalter sind nämlich […] weniger Faktoren aus der frühen Kindheits- und Jugendgeschichte als vielmehr die aktuellen sozialen Einbindungen in Freundschaftsbeziehungen, Partnerschaft, Familie und Arbeitswelt“ (580).

(c) Missglückte Textgestaltung. Es wäre wünschenswert, wenn alle Beiträge eine vergleichbare Subtilität beim Kontakt mit dem Leser und in der Textgestaltung aufweisen würden. Das ist leider nicht der Fall, weshalb nach den positiven Beispielen auch einige negative zu erwähnen sind. So der Beitrag von Michael Matzner („Die Rolle des Vaters in der Kindheit“, 121ff). Im Brustton der Überzeugung schreibt er: „Auffällig viele Jungen und junge Männer, die zu extremen Regelverletzungen, Grenzüberschreitungen und aggressivem Verhalten neigen, sind mehr oder weniger vaterlos aufgewachsen. Die entsprechende Forschung stellt bei vielen vaterlosen Jungen immer wieder auffällige Mängel auf der sozialen, moralischen, geistigen und psychosexuellen Ebene fest. Ein typisches Beispiel sind rechtsradikale junge Männer, die sich auf diese besondere Art und Weise auch ihrer Männlichkeit versichern wollen. Einer Untersuchung zufolge stammt gut die Hälfte von ihnen aus zerbrochenen Familie [sic], so dass ihr natürlicher ‚Vaterhunger’ nicht befriedigt werden konnte“ (131). Hier zeigt sich ein weiteres Problem, denn der Autor nennt keinen Beleg für seine These, obwohl er nicht nur an dieser, sondern auch an anderen Stellen mehrfach auf „wissenschaftliche Untersuchungen“, eine „umfangreiche Forschung“ und „aktuelle Studien“ verweist. Selbst wenn er mit seinem Urteil Recht hätte (was ich bezweifle), würde sich die Frage stellen, ob man so in einem Elternratgeber, der doch wohl auch von alleinerziehenden Müttern gelesen wird, schreiben darf.

Es grenzt schon fast an Militanz, wenn Matzner – wiederum ohne jeden Beleg – den Vätern eine „kaum zu überschätzende Bedeutung […] für die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Kinder“ (121) zuweist, Väter und Mütter für die optimale Förderung von Kindern als „nicht austauschbar“ (124) bezeichnet und die „Unverzichtbarkeit von männlichen Bezugspersonen und Autoritäten“ (131) behauptet. Es mag durchaus angemessen sein, in einem Elternratgeber die Väter separat anzusprechen, wenn dabei aber unterstellt wird, nur eine vollständige Familie sei in der Lage, Kinder richtig zu erziehen, steht nicht nur die geringe Sensibilität des Autors zur Diskussion, sondern es stellt sich auch die Frage, welcher Schaden von einem Erziehungsratgeber mit einem solchen Beitrag angerichtet wird. Während bei anderen „schwierigen“ Themen – wie Scheidung, Drogen, Sexualität, AD(H)S, Kriminalität, aber auch Fremdbetreuung in Krippen oder Kindertagesstätten – Entwarnung gegeben wird, d.h. den Eltern die Ängste genommen werden, die diesbezüglich noch immer weit verbreitet sind, macht Matzner das pure Gegenteil. Was hat die Herausgeber bewogen, diesen Beitrag in seiner vorliegenden Form in ihren Ratgeber aufzunehmen?

Mit wenig Mitgefühl kommt auch der Beitrag von Wolfgang Bergmann („Jungen: Auf der Suche nach ihrer Identität“, 272ff) daher. Behauptet wird, in den vergangenen dreißig Jahren habe es „eine grundsätzliche Neuorientierung im Verhältnis der Geschlechter gegeben“ (272), und zwar zuungunsten der Jungen, die nicht mehr wüssten, was Männlichkeit sei. Da es in unserer Gesellschaft keine stabilen Rollenbilder und keine männlichen Vorbilder mehr gebe, würden sich die Jungen in einer „Identitätsnot“ (273) befinden, die sie zutiefst verunsichere. Auf der Folie einer unexplizierten psychoanalytischen These diagnostiziert der Autor eine massenhafte Entwicklungshemmung bei Jungen, die sich mit der Welt nicht mehr zu versöhnen vermöchten. „Sie sperren sich, sie bleiben fremd und unvertraut in der Ordnung der wirklichen Dinge und Menschen. Und so verhalten sie sich: manchmal überaktiv, ebenso oft depressiv und gekränkt, nicht selten pendeln sie zwischen beiden seelischen Zuständen hin und her“ (277).

Auch hier wird in erster Linie Angst gemacht, und auch hier werden die Väter beschuldigt, die Not der Jungen verursacht zu haben: „Er, der Vater, hätte den Jungen behutsam von der Mutter weg und auf die Bewältigung des Realen hinlenken sollen. Er hätte zur selben Zeit die Bindung an die Mutter durch seine eigene Zuneigung und Liebe zur Frau wieder aufrufen und beide verbünden, versöhnen, verknüpfen müssen. So wäre der Junge aus den symbiotischen Weltgefühlen herausgewachsen, realitätsfähig und liebesfähig zugleich. Die Schwäche von Vätern zerreißt die seelische Integrität vieler Jungen“ (277). Einfach ist die Problemlösung, die der Autor anzubieten hat: „Holt Männer, die professionell ausgebildet sind und die ein zeitgemäßes Vorbild sein können, in die Kindergärten und Schulen“ (277f). Ist das eine Empfehlung, die – abgesehen davon, ob sie sich wissenschaftlich begründen lässt (wiederum habe ich meine Zweifel) – den Eltern hilft? Gehört ein solch schlichter Ratschlag in einen Elternratgeber, der wissenschaftliche Ansprüche stellt? Auch hier fragt sich, was die Herausgeber bewogen hat, diesen Beitrag in ihr Buch aufzunehmen.

Leider zeichnet sich auch der Beitrag von Marianne Leuzinger-Bohleber („Entwicklungsprozesse in der „mittleren Kindheit“. Wann muss ich mir Sorgen machen?“, 296ff) durch wenig Sensibilität gegenüber Eltern als potentiellen Lesern aus. Nicht nur ist der Beitrag einer eher orthodoxen psychoanalytischen Position verpflichtet, er trägt auch zur Bestätigung des oft an die Adresse der Psychoanalyse gerichteten Vorwurfs bei, das menschlich Normale werde im Lichte des Pathologischen gesehen und nicht – wie im Falle der Entwicklungspsychologie – umgekehrt. Das mag weniger für die epigenetische Tabelle von Erikson gelten, an der sich die Autorin orientiert, aber für eine Reihe von „beunruhigenden Beobachtungen“, die von ihr mitgeteilt werden. „Formen der Frühverwahrlosung“ nehmen „in alarmierender Weise“ zu (296); die Bereitschaft, Konflikte gewaltsam auszutragen, und „andere Fehlentwicklungen“ scheinen ebenfalls „ganz allgemein zuzunehmen“ (ebd.); „in vielen Kindergesichtern und auch in den Gesichtern ihrer Eltern“ seien „Spuren von Ängstlichkeit und Beklemmung zu erkennen“ (297); manche Eltern würden „große Schwierigkeiten haben, die Kraft und Fähigkeit aufzubringen, mit ihren Kindern entwicklungsfördernde Konflikte auszutragen“ (301, Fn. 2); durch eine „immer früher“ einsetzende Pubertät werde die Latenzphase „sehr verkürzt“ und nehme den Kindern die notwendige Zeit für Lern- und Differenzierungsprozesse (305); „beim Eintritt ins Grundschulalter“ seien daher „[i]mmer mehr Kinder“ noch nicht in der Lage, „sich der außerfamiliären Realität zuzuwenden“ (304); schließlich sei eine „alarmierende Zunahme von adipösen Kindern in Deutschland“ (305) zu vermerken.

Wo andere Beiträge Probleme zwar auch vermerken, deren Bedeutung im konkreten Fall aber deutlich relativieren, da tendiert die Autorin zum Alarmismus. Die „mittlere Kindheit“ erscheint als eine Zeit voller Erschwernisse, Krisen und Gefährdungen, überschattet von „gravierenden Störungen“ (310) mit voraussichtlich „fatalen Langzeitfolgen“ (307). Ausgewogener ist dann die synoptische Darstellung am Schluss des Beitrags (313ff), da hier auch Indikatoren für eine normale Entwicklung in dieser Lebensphase genannt werden.

Selbst wenn die besorgte Darstellung der Autorin zutreffen sollte (was ich erneut bezweifle), stellt sich auch bei diesem Beitrag die Frage, ob in einem Elternratgeber so argumentiert werden darf. Angesichts der übermäßigen Problematisierung dieser Lebensphase scheint mir ungewiss, ob den Eltern bei der Klärung der Frage, wann sie sich um ihr Kind Sorgen machen müssen, wirklich geholfen wird. Wenn sich schon die Latenzphase, wie die „mittlere Kindheit“ von Psychoanalytikern genannt wird, so dramatisch ausnimmt, obwohl in dieser Zeit in Sachen psychosexueller Entwicklung eigentlich wenig geschieht (worauf der Ausdruck „Latenz“ ja hinweisen soll), wie würde die Autorin dann die aus psychoanalytischer Sicht weit wichtigeren Phasen der frühen Kindheit und der Adoleszenz schildern?

Interessanterweise haben die Herausgeber diese Aufgabe nicht auch einer Psychoanalytikerin oder einem Psychoanalytiker übergeben, sondern im Falle der frühen Kindheit (0 bis 3 Jahre) einer Entwicklungspsychologin (Mauri Fries) und im Falle der zweiten Phase der frühen Kindheit (4 bis 6 Jahre) sowie dem Jugendalter (12 bis 18 Jahre) je einem Jugendpsychiater (Günther Deegener und Franz Resch). Während Fries schon im Titel ihres Beitrags („Statt Sorgen: ‚Guck mir zu, hilf mir und freue dich mit mir!’ Was Babys uns sagen können“, 48ff) den Sorgetopos deutlich relativiert, sind auch die Beiträge von Deegener („Frühe Kindheit: Wann muss ich mir Sorgen machen?“, 209ff) und Resch („Adoleszenz: Wann muss ich mir Sorgen machen? Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter“, 497ff) weit zurückhaltender in der Problematisierung dieser Lebensphasen. Deegener betont insbes. die unterschiedliche Wahrnehmung des Kindes, die es nicht zulasse, vorschnell Störungen zu diagnostizieren. Zudem meint er, dass wir „die Verschiedenheit unserer Kinder respektieren und uns an ihr erfreuen und nicht zu oft und zu früh in die Gefahr geraten [sollten], Verhaltensabweichungen von einer wie auch immer definierten Norm als ‚Störung’ aufzufassen“ (221

Zur Zitierweise der Rezension
Walter Herzog (Bern): Rezension von: Sabine Andresen / Micha Brumlik / Claus Koch: Das ElternBuch. Wie unsere Kinder geborgen aufwachsen und stark werden. Weinheim und Basel: Beltz 2010 (635 S.; ISBN: 978-3-4078-5863-4; 29,95 EUR). In: EWR 10 (2011), Nr. 6 (Veröffentlicht am: 14. Dezember 2011), URL: https://ewrevue.de/2011/12/das-elternbuch/